
Kreuz 210 (70 x 100)
Meine rheinisch-katholische Kindheit
– warum eine Ungläubige auch Kreuze malt
„Mama,
die Kirchenzeitung ist doch so langweilig, warum kriegen wir die überhaupt?“
„Weil
Oma der Schlag trifft, wenn ich sie abbestelle.“
„Mama,
warum müssen wir sonntags in die Kirche gehen? Papa geht doch auch nicht
hin?“
„Das
könnt ihr Oma nicht antun.“
Die
Folge solcher tiefschürfenden Auskünfte war häufiges und heimliches
Gottesdienstschwänzen, stattdessen Spaziergänge mit meinem jüngeren Bruder
auf dem Friedhof, wo wir viele gute Gespräche hatten.
Meine
rheinisch-katholische Kindheit beruhte (leicht, aber nur sehr leicht verkürzt)
auf den folgenden Maximen:
Glaube nicht
als wunderbare Möglichkeit und als ein „Du darfst“, sondern als
ungeliebter Zwang. Strafender Gott statt liebendem Vater. Beim wöchentlichen
Beichten dachten wir uns als Kinder aus, was wir Schlimmes getan haben könnten.
Schließlich mussten wir etwas sagen im Beichtstuhl. Verrückte Welt.
Katholische Glaubensaustreibung.
Einen
Vorteil hatte die langweilige Kirchenzeitung damals: es stand immer schon
samstags drin, worüber sonntags gepredigt wurde. Nach dem nicht besuchten
Gottesdienst inquisitorisch befragt „was er denn gepredigt hat“, wussten wir
immer bestens Bescheid.
Meine
rheinisch-katholische Kindheit mit unhinterfragbaren Regeln und einem Pfarrer,
der CDU-Wahlkampf von der Kanzel herabdonnerte, hatte ein Ergebnis:
Kirchenaustritt mit 18. Bis heute würde ich mich nicht als gläubig bezeichnen.
Warum
beschäftigt sich so eine Ungläubige malend auch mit Kreuzen?
Schon
die Form ist faszinierend. Unendlich viele Möglichkeiten die beiden Balken mit
Leben zu füllen.
Das
Kreuz ist beides: Symbol für den Schrecken, für Leiden, für Tod. Aber es
steht auch für Optimismus, für Heilserwartung. Und für ein Geheimnis. Das
Geheimnis des Glaubens.
Unglaublich,
dass einer am Kreuz für die Menschen gestorben sein soll. Unfassbar, dass er
das freiwillig getan hat.
Ich
stolpere darüber, dass Jesus’ Leiden
und Sterben ein göttlicher Plan war. Warum hat Gott keinen anderen Plan gemacht?
Warum
hat Gott keinen anderen Plan für diese Welt gemacht - von allem Anfang
an?